Deine Hormone und Sexualität

Das komplexe System unserer Hormone

Unsere Hormone - Ein hochkomplexes System, in dem winzige Botenstoffe die Funktionen unseres Körpers steuern. Als chemische Botenstoffe haben Hormone die wichtige Aufgabe, Informationen zwischen verschiedenen Körperregionen zu übermitteln. Hormone legen enorme Strecken zurück, finden immer ihre Zielzellen und lösen dort präzise die nötigen Prozesse aus.

Hormone sind für die Regulation verschiedener Körperprozesse verantwortlich. Wir haben unterschiedliche Hormone in uns: Zum Beispiel Insulin, das zur Regulierung der Blutzuckermenge beiträgt. Oder Adrenalin, das sogenannte Stresshormone, das dazu führt, dass der Herzschlag steigt und die Muskulatur verstärkt durchblutet wird. Diese Auswirkung der Hormone dient etwa dazu, in Gefahrensituationen flüchten oder sich wehren zu können.

Leider können wir unsere Hormone nicht auf Knopfdruck steuern

Doch du kannst sie verstehen lernen und positiven Einfluss auf sie nehmen!

Bekannte Sexualhormone, die in den Eierstöcken der Frau und den Hoden des Mannes produziert werden, sind unter anderem die Hormone Östrogen und Testosteron. Diese Hormone sind beispielsweise verantwortlich für die Entwicklung typischer Geschlechtsmerkmale und für die Regulierung der Sexualfunktionen.

Und nun ins Eingemachte: Zu den wichtigen im Gehirn gebildeten Hormonen zählt unter anderem das Wachstumshormon. Dieses Hormon hat lebenslang eine wichtige Funktion für Wachstums-, aber auch für Stoffwechsel- und Fortpflanzungsprozesse.

Wir Menschen sind sehr stark durch hormonelle Zustände beeinflusst – vieles geschieht automatisch und ohne, dass wir es wirklich beeinflussen können. Aber: sich dessen bewusst zu sein, ist schonmal der erste, wichtige Schritt, um sich selbst und auch den Partner besser verstehen zu können. Und nicht gleich alles persönlich zu nehmen :-)

Gesundheit hat Auswirkungen auf unsere Sexualität

Die GeSiD-Studie „Gesundheit und Sexualität in Deutschland“ untersucht die Verbindung zwischen körperlichen und psychischen Erkrankungen mit einer deutlichen Beeinträchtigung der Sexualität:

  • Bei den männlichen Befragten reduzierte sich die Wahrscheinlichkeit, in den letzten 4 Wochen sexuell aktiv gewesen zu sein, von 79,1 % auf 59,0 % wenn sie ihren eigenen Gesundheitszustand als mittelmäßig oder schlecht beschrieben.
  • Bei den weiblichen Befragten zeigte sich ein Rückgang von 72,5 % auf 48,0 %.
  • Und auch Alltagsstress, Haushalt und Berufstätigkeit, Kindererziehung, Arbeitslosigkeit und Existenzsorgen sowie die Angst vor einer ungewollten Schwangerschaft machen die Lust auf Sex häufig zunichte.

Wenn die Hormone verrücktspielen

Aufregende Dates und romantische Zweisamkeit - so sieht fast immer der Anfang einer Beziehung aus. Im allgemeinen Sprachgebrauch wird oft gesagt: „Deine Hormone spielen verrückt“. Eine Achterbahn der Gefühle wartet auf dich.

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Auch wenn die anfängliche Phase der Verliebtheit eines Tages abflaut, belebt es die Liebe, immer wieder Zuneigung zu zeigen. Komplimente, eine liebevolle Umarmung, ein Kuss außerhalb der täglichen Routine zur Begrüßung und zum Abschied, eine kleine Aufmerksamkeit fernab von Jahrestagen und sonstigen Anlässen, überhaupt ein herzlicher Umgang miteinander – all das gibt dem Partner und der Partnerin ein Gefühl der Wertschätzung und der immer noch anhaltenden Zuneigung.

Routinen und Regeln

In jeder Beziehung sollte es gewisse Routinen und Regeln geben, an die sich beide Partner halten.

Das können banale Routinen in Bezug auf den Haushalt sein, wer welche Aufgaben übernimmt. Das sorgt für Klarheit und kann so manchen Streit vermeiden. Vielleicht hilft es, wenn es einen visualisierten Plan in der gemeinsamen Küche gibt.

Aber auch Regeln bezüglich Treue und Verantwortung. Beispielsweise ist Flirten erlaubt? Ab wann beginnt Untreue? Häufig gehen wir in Partnerschaften von unseren eigenen „moralischen“ Grundsätzen aus und denken, dass unsere Partner das auch so sehen. Besser ist es, offen darüber zu sprechen. Im Laufe der Jahre können sich die Regeln natürlich ändern, solange beide damit einverstanden sind.

Ich würde sagen: Neben all diesen „Regeln“ und „Pflichten“ braucht es aber auch positive Routinen: gemeinsame Quality Time, gemeinsame Erlebnisse, für die es einen verbindlichen Raum in unserem Kalender gibt. Gerade in unserer Zeit, wo jeder immerzu im „Stress“ ist, ist es wichtig, diese Zeiten mit dem Partner oder der Partnerin einzuplanen, sodass man am Ende nicht einfach nur noch nebeneinander her lebt. Klingt erstmal wenig „romantisch“, aber es lohnt sich. Denn Hand aufs Herz: Sonst bleibt es oft beim „Wir müssten mal wieder…“, „Wir haben schon lange nicht mehr…“, „Eigentlich wollten wir doch mal…“

Körperliche Nähe ist sehr wichtig

Eine ganz elementare Form der geteilten Zeit in einer glücklichen Beziehung ist natürlich: körperliche Nähe – in jeglicher Form. Körperkontakt durch zärtliche Berührungen und Kuscheln gehört unbedingt dazu, damit aus der Beziehung nicht ein Nebeneinanderher-Leben wird. Vielleicht lässt nach ein paar Jahren oder Jahrzehnten das Verlangen nach Sex nach – doch das ist ganz individuell.

Sexualität

Sexualität spielt für uns alle eine große Rolle – das liegt in der Natur der Sache. Es hat für dich persönlich sicher eine eigene und besondere Bedeutung. Dein Verhältnis zu Sexualität speist sich aus deiner Vergangenheit und aktuellen Erfahrungen. Dieses Kapitel ist bewusst nicht Bestandteil des Kapitels "Raupe". Vielmehr möchte ich dich dazu anregen, über deine zukünftige Einstellung dazu nachzudenken. Und dir über die Auswirkung auf deine Beziehungen bewusst zu werden.

Dieser verbreitete Irrglaube, dass Menschen, die sich lieben gleichzeitig immer guten Sex haben, wischt physische und psychische Herausforderungen kurzerhand unter den Tisch! Und das kann oft zu Verunsicherung und Minderwertigkeitsgefühlen führen.

종이 컷 하트를 들고 두 사람
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Einfluss von Hormonen auf die Beziehung

Hast du einmal darüber nachgedacht, welchen Einfluss Hormone auf deine Sexualität und auch die Beziehung dazu haben?

Diese Hormone! So wie sie am Anfang einer Beziehung verrücktspielen können, so können diese aufgrund unterschiedlicher Gründe auch wieder gehemmt werden. Wichtig: Nur weil man sich liebt, heißt das nicht, dass man immer Lust auf Sex hat. Liebe führt nicht unmittelbar zu großem Verlangen. Aber dazu nun mehr.

Es gibt ganz unterschiedliche Gründe für die „Hormonsituation“

Viele Frauen spüren beispielsweise, dass der Zyklus mit seinen Hormonschwankungen die Stimmung und das Wohlbefinden beeinflusst. Einfach ausgesprochen heißt das: Du hast als Frau mehr Lust auf Sex um deinen Eisprung herum – und weniger Lust kurz vor deiner Regel. Zudem leiden nach neuen Erkenntnissen Frauen mit Diabetes, metabolischem Syndrom und Raucherinnen häufig unter mangelnder Libido. Auch eine mögliche Blasenschwäche sollte nicht unterschätzt werden.

Und natürlich spielt auch das Alter eine Rolle 🙃 Um die Menopause herum dreht sich nochmal alles, extreme Schwankungen im Hormonspiegel in dieser Zeit können die „klassischen“ Beschwerden wie Hitzewallungen, nächtliche Unruhe, Stimmungsschwankungen – und ja: auch Libidoverlust auslösen.

Doch es gibt noch mehr Hormone, die eine Rolle spielen:

Dopamin - das “Glückshormon”

Dopamin wird häufig als “Glückshormon” bezeichnet. Dabei ist der Botenstoff genau genommen nicht nur ein Hormon, sondern auch ein sogenannter Neurotransmitter. Dopamin wirkt sowohl über die Blutbahnen als auch über die Nervenbahnen. Als neuronaler Botenstoff ist eine der Hauptfunktionen von Dopamin, das Belohnungssystem im Gehirn zu aktivieren. Dopamin fördert somit deinen inneren Antrieb!

Dopamin ist das Hormon, dass das "Verlangen" verstärkt. Es wird ausgeschüttet, wenn etwas außer deiner Reichweite liegt. Außer deiner Reichweite ist all das, was genau eine Armlänge von dir weg ist. Also das, was du nicht direkt mit einer Hand greifen kannst. Gerade am Anfang von Beziehungen ist es oft noch „unsicher“ und noch nicht klar, wie es weitergeht. Du willst es haben – und gleichzeitig ist es noch unsicher. Das steigert auf ganz natürliche Weise dein „Dopamin“ und damit dein "Verlangen" nach der angebeteten Person!

Oxytocin

Das nächste Hormon, das eine Rolle in der Sexualität spielt, ist das Oxytocin. Sex hat unter anderem die Funktion, den anderen an sich zu binden und zu sichern. Als Neurotransmitter wirkt Oxytocin über das zentrale Nervensystem. Du wirst nachweislich empfänglicher für zwischenmenschlichen Kontakt und baust schneller Vertrauen auf. Dank Oxytocin gehst du auf Kuschelkurs mit deinem Gegenüber. Beim Sex, insbesondere beim Orgasmus, wird eine größere Menge Oxytocin ausgeschüttet, was das angenehme Gefühl verstärkt.

Daher wahrscheinlich der Drang nach dem Kuscheln nach dem Sex. … den nicht alle, aber viele empfinden 🙃 Das Oxytocin macht dich gelassener und selbstbewusster. Der Grund: Der Wirkstoff hemmt die Produktion des Stresshormons Cortisol und aktiviert gleichzeitig das Belohnungssystem (Link zu Studie).

Der Grund warum die Lust nach einer Zeit abflacht

Hier nun das Verrückte: Das evolutionäre Gehirn möchte Dank "Dopamin" den Partner oder die Partnerin haben und steigert den sexuellen Trieb. Und gleichzeitig möchte es sich binden an die andere Person. Sobald mehr Sicherheit in die Beziehung eintritt, übernimmt nun das Kuschelhormon Oxytocin die Regie und das Dopamin wird leicht heruntergefahren. Das ist im Wesentlichen der Grund warum die Lust nach einer Zeit abflacht!

In Anbetracht der Evolution macht das auch absolut Sinn: Früher hieß es nach der Sicherheit und Nähe, dass die Fortpflanzung ansteht. Als Hormon spielt Oxytocin eine wichtige Rolle rund um die Geburt. Unter anderem löst es die Wehen aus und sorgt für den sogenannten Milcheinschuss. Auch Männer profitieren von Oxytocin: Das Hormon kann einen positiven Einfluss auf ihre Fruchtbarkeit haben (Link zu Studie). Und wenn die Kinder erstmal da sind, konnten Eltern natürlich nicht mehr 24 Stunden hintereinander her sein 😊

Wenn man es so betrachtet, gibt es zwei Möglichkeiten: Entweder eine Beziehung ist auf Dauer unsicher und man ist sich nie wirklich sicher - aber dafür gibt es Dopamin-Schübe und ein hohes sexuelles Verlangen und eine riesige Leidenschaft. Oder die Beziehung fühlt sich sicher an, man fühlt sich geborgen und das Kuschelhormon kommt zum Einsatz. Das wollen wir so nicht auf uns beruhen lassen.

Das „Optimum“ für das Thema Sexualität

Das "Optimum" der Sexualität zu finden hört sich erstmal gut an. Doch Achtung: Das Thema Sex wird oft sehr „hoch gehangen“. Und wenn du dich so umhörst, hast du das Gefühl, dass alle 24 Stunden aufeinanderhängen. Doch: Jede Beziehung ist einzigartig und so auch die Art und Weise, wie Sexualität ausgelebt wird. Das A und O ist, dass es für dich und deine Partnerin oder Partner passt. Mach dir keinen Stress damit und lass dich nicht von anderen beeinflussen. Versuche, dich von diesem Druck freizumachen.

Jetzt, wo du weißt, wie unsere Hormone uns beeinflussen, weißt du auch: Liebe auf der einen Seite und sexuellen Anziehung und Erotik auf der anderen Seite stehen sich ein Stück weit konträr gegenüber. Bei Sexualität geht es viel um Fremdheit, Überraschung, Abenteuer und das Unerwartete. Das bedeutet, dass man in der Sexualität auch zulässt, dass der oder die andere auch mal sein oder ihr Bedürfnis aussprechen und ausleben kann. Viele haben ein schlechtes Gewissen aufgrund eigener Fantasien. Je offener die Kommunikation hier stattfindet, desto intensiver kann Sexualität gelebt werden.

Liebe ist Vertrautheit, Bekanntes.

Sexualität bezieht ihren Reiz aus dem Unbekannten, Neuen.

Aber: Das muss (bzw. sollte) eben nicht heißen, sich einen neuen Partner zu suchen, wenn der erste Reiz vorüber ist. Gemeinsam Neues ausprobieren, den anderen an Wünschen, Fantasien teilhaben zu lassen, ihn (oder sie) wissen zu lassen, was man WIRKLICH gerne mag – das kann ebenso eine Quelle für erfüllte Sexualität sein. Und es fordert auch ganz schön Mut! :-) Aber nur dann kann man auf Dauer erfüllte Sexualität mit demselben Partner haben.

Vor allem wenn du dir selbst oder deinem Gegenüber bestimmte Lust-Normen vorschreiben möchtest, sinkt die Lust auf Sex. Es ist wichtig, die notwendige Freiheit und Spontanität aufrecht zu halten. Wenn Sex zu einem Muss oder Lustdiktat wird, verhärten sich oftmals die Probleme in Beziehungen. Resultat kann Resignation sein – ein- oder beidseitig.

Die Kunst ist es am Ende, dass du beides für dich und euch erreichst: Liebe, Geborgenheit und Sexualität. Nur wenn man sich auch beim Sex frei entfalten kann, wird es auf Dauer gut sein.

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